Verhalten bei einem Schießunfall

(in teilweiser Anlehnung an die „Ausbildungsunterlagen zur Qualifizierung von verantwortlichen Aufsichtspersonen von Lothar Temme, BDMP, Stand August 2019)

ohne Unfall:

Bei Störungen im Schießbetrieb z.B. durch Versagen der Scheibeneinrichtungen, ist das Schießen sofort zu unterbrechen. Die Waffen sind zu entladen. Dies kann auch durch Abschießen der Waffe auf Anordnung der Schießleitung auf den Geschossfang geschehen. Die Unterbrechung des Schießens infolge einer Störung haben die Verantwortlichen schnellstmöglich durch klare Anordnung bekannt zu geben.

Grundregeln der Notversorgung

(bis zum Eintreffen des Notarztes)

A. Voraussetzung

  1. Ausgebildeter in Erste Hilfe oder Ersthelfer (DGUV (Deutsche gesetzliche Unfallversicherung) Vorschrift 1, Grundsätze der Prävention)

  • Verbandkasten C (DIN 13 167) oder Notfallkoffer mit folgendem Inhalt:

  Verbandmaterial verschiedenster Art und Größe, Verbandtuch

  Kompresse, Augenkompresse, Kälte-Sofortkompresse, Rettungsdecke

  • Fixierbinden, Dreiecktuch, Schere, Folienbeutel, Vliestuch, Einmalhandschuhe
  •  Erste-Hilfe-Broschüre, Inhaltsverzeichnis
  • Zusätzlich Verbandbuch oder Formularblock zur Aufzeichnung1)

Aufbewahrungsfrist: 5 Jahre

Falls kein Verbandkasten oder Notfallkoffer mit ausreichender Bestückung vorhanden ist, darf das Schießen nicht aufgelassen werden!

Ist ein Notfall eingetreten und Notfallmaterial fehlt, Erste Hilfe-Kasten aus dem Pkw holen.

1) S 24 Abs. 6 UVV „Grundsätze der Prävention“ DGUV Vorschrift 1

B. Beginn der Notversorgung

  1. Ruhe bewahren, Panik vermeiden!!!

  • Sicherheit herstellen
    Bei Schussverletzungen sind die Waffen aller auf dem Stand befindlichen Schützen so abzulegen, wie sie im Augenblick des Unfalls waren. Sie dürfen also weder entladen, abgeschlagen noch das Magazin entfernt werden. Dies dient der Beweissicherung der Ermittlungsbehörden (Kripo, Staatsanwaltschaft).

    Unfallwaffe, Waffenteile derselben müssen sichergestellt werden, nach Möglichkeit sollen diese Gegenstände an Ort und Stelle verbleiben, wg. Beweissicherung.

      Die Waffe und ihre abgesprengten Teile auf Vollständigkeit prüfen, aber vor Entfernen sichern.

  • sofort klären, ob Arzt oder Krankenpfleger anwesend.

  • sofortige Benachrichtigung der Rettungsdienste unter der Nummer 112 und der Polizei, sobald alle Verletzten provisorisch versorgt sind; die Versorgung des/der Opfer hat Priorität. Sobald alle Verletzten provisorisch versorgt sind, muss die Polizei zur Unfallstelle gerufen werden, denn nur so kann eine detaillierte Unfallaufnahme gewährleistet werden.

  • Schaulustige oder für die Hilfeleistung nicht erforderliche Personen müssen den Unfallort verlassen.

  • Schnelle Orientierung ob lebenswichtige Funktionen – Atmung und Herztätigkeit – vorhanden sind oder nicht, wo ist die Verletzung/ Blutung?

  • Ersthilfe, wenn möglich an Unfallstelle, da unnötige Bewegungen die Verletzungsfolgen verschlimmern können. Bergung nur bei Platzmangel oder weiteren Gefahren (Feuer, Explosionsgefahr, Vergiftungsgefahr etc.) unter möglichster Schonung des Unfallopfers und so wenig Bewegung des Opfers wie möglich (Trage verwenden, sonst Transport mit Brettern, Tür oder ähnlichem durchführen).

  • Bis zum Eintreffen des Rettungswagens ist es wichtig, den Verletzten Zuspruch zu geben und sie zu informieren, dass der Notarzt unterwegs ist. Bei Bedarf können eine Rettungsdecke über die Verletzten ausgebreitet und weitere Erste Hilfe-Maßnahmen durchgeführt werden. Nach Möglichkeit sollten die Verunfallten so wenig wie möglich bewegt, beziehungsweise umgelagert werden.

Anmerkungen:

Die unter vorstehend aufgeführten Tätigkeiten müssen parallel (gleichzeitig) durchgeführt werden, daher Aufgaben nach Möglichkeit delegieren.

Außerdem sehr wichtig:

Die Meldung an die Notrufzentrale sollte nach Möglichkeit die vier W-Fragen enthalten:

  • wer ruft an = Name des Anrufers
  • wo ist die Unfallstelle = Unfallort (genaue Ortsbeschreibung/ Adresse/ Telefon-Nr. unter der man erreichbar ist)
  • wie viele Personen sind verletzt = Zahl der Verletzten
  • was ist passiert = Schussverletzung, Art der Verletzung(en)/Körperregion(en)/ Schwere der Verletzung(en)/ Status der(s) Unfallopfer(s)

Einweiser für Rettungsdienste beauftragen

Beim Rettungshubschraubereinsatz Landeplatz markieren und sichern

Namen aller auf dem Schießstand während des Unfalls Anwesenden in Liste festhalten, sie müssen sich auch am Schießstand zur Befragung durch die Polizei bereithalten.

Bis zum Eintreffen des Rettungswagens ist es wichtig, den Verletzten Zuspruch zu geben und sie zu informieren, dass der Notarzt unterwegs ist. Bei Bedarf kann eine Rettungsdecke über die Verletzten ausgebreitet und weitere Erste Hilfe-Maßnahmen durchgeführt werden. Nach Möglichkeit sollten die Verunfallten so wenig wie möglich bewegt, beziehungsweise umgelagert werden.

Verletzungen nach Körperregionen

A. Extremitäten

insgesamt „weniger“ gefährlich (relativ gesehen) als bei anderen Körperregionen

Muskelwunden verhältnismäßig unproblematisch

Knochen- und Splitterfrakturen problematischer

Arterien- und Venenverletzungen wesentlich gefährlicher wegen der sehr starken Blutung, Gefahr schneller Schockentwicklung und Tod durch Verbluten

Notversorgung

Blutstillung durch Druckverband, nie Stauschlauch, Gürtel, etc., verwenden

(Nervenschädigungsgefahr durch starkes Anziehen)

Ruhigstellung des betroffenen Armes oder Beines

B.  Kopf und Halsverletzungen

meistens sehr schwere Verletzungen, die sehr schnell zu Schock und Tod führen auch spätere Komplikationen/ bleibende Behinderungen sind meistens schwerwiegend (Verlust von Auge(n), Gehör, Lähmungen usw.

verschiedene Regionen können einzeln oder gleichzeitig betroffen sein:

Gesichtsbereich, Auge, obere Atemwege Hirnverletzung

 Verletzung der großen Gefäße im Halsbereich oder der Atemwege

Einige Gehirnregionen vertragen Schussverletzungen, vorausgesetzt es werden keine lebenswichtigen Zentren getroffen.

Notversorgung

 steril abdecken

 Vitalfunktionen (Atmung, Herztätigkeit) erhalten

 Hirnverletzungen: kein Kompressionsverband, auch bei Blutung nicht!

 Atemwege freihalten (Blut, Sekrete entfernen), insbesondere bei Verletzungen im Halsbereich

 eventuell Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) (je nach Ausbildungsstand!)

C.  Brustkorbverletzungen

meistens sehr schwere, häufig sofort tödliche Verletzungen wegen der inneren Organe wie Herz, Lunge, großen Gefäße wie Arterien, Venen

sehr hohe schockauslösende Wirkung

enorm starke Blutungen, die in kürzester Zeit tödlich sein können

häufig Blutungen nach innen, mit Verdrängung der Organe

bei „nur“ Lungenschuss, wenn keine großen Gefäße oder das Herz verletzt wurden bessere Überlebenschancen

Notversorgung:

Vitalfunktionen erhalten

 sterilen Verband anlegen (Besonderheit abdichten der Brustkorbwunden)

 untere Extremitäten hoch lagern (Verbesserung der Blutversorgung)

D. Bauchverletzungen

Schweregrad abhängig von getroffenen Organen:

Leber, Milz, große Gefäße bluten sehr stark nach Verletzung, schnelle Schockentwicklung

Darmverletzungen sind weniger gefährlich, lassen mehr Zeit für die Versorgung

sichtbare externe Wunde lässt keine Schlussfolgerung auf die Schwere der inneren Verletzung zu, daher immer als schwere Verletzung betrachten.

Notversorgung

Verband
Ruhigstellung
Vitalfunktionen erhalten
Hochlagerung der Beine

Vorstehende Zusammenstellung in Anlehnung nach Unterlagen von Dr. Dr. med. Alexander Szabo (lt. Google: Szabo, Alexander Dr. Dr. med., Böhmerwaldstr. 27, 33332 Gütersloh – Spexard)

Schlussbemerkung

Auch wenn eine Schussverletzung immer eine hochdramatische Angelegenheit ist, gilt als oberstes Prinzip: Ruhe bewahren.

Panikhandlungen können nämlich genauso gefährlich sein, wie die Verletzung selbst, Panikhandlungen sind immer kontraproduktiv gegenüber den lebensrettenden Maßnahmen und können im Extremfall deren Wirkung verringern bzw. unwirksam machen.

Anmerkung:

Es ist unbedingt auf die Einhaltung folgender Benachrichtigungen/ Meldungen zu achten:

  • Angehörige in schonender Weise, eventuell zusammen mit Notfallseelsorger verständigen
  • Vereinsvorsitzenden benachrichtigen
  • Bundesgeschäftsstelle des BDMP unterrichten
  • Versicherung und Berufsgenossenschaft über die BGS informieren.

Leitsätze

Unsere Waffen sind Sportgeräte, tote Gegenstände, von denen bei Einhaltung der Sicherheitsregeln keine besondere Gefahr ausgeht, gefährlich werden sie erst durch fehlerhafte Bedienung ihrer Nutzer.

Bitte stets daran denken, dass der Schießunfall auch bei sorgfältigster Vorgehensweise nie ganz auszuschließen ist. Besonnenes Verhalten der Schützen und ständiges, konzentriertes Beaufsichtigen der Schützen durch die Standaufsicht lässt die Wahrscheinlichkeit aber gegen Null tendieren.

Die verantwortlichen Aufsichtspersonen sollten sich bereits im Vorfeld darüber Gedanken machen, wie im Falle eines Unfalls verletzte Personen durch lebensrettende Sofortmaßnahmen einer ersten Hilfe unterzogen werden können, und zwar solange, bis professionelle Hilfskräfte eintreffen. Es empfiehlt sich, einen sogenannten Notfallplan zu erarbeiten. Bei einem Schießunfall ist es erforderlich, sofort wirksame Erste Hilfe zu leisten. Der Schießbetrieb ist sofort zu unterbrechen, die Schießstätte zu räumen.

Hinweis:

Die verantwortlichen Aufsichtspersonen sind zur Erste-Hilfe-Leistung verpflichtet, da sie eine sogenannte Garantenstellung einnehmen.